Das Interesse an einer breifreien Beikost-Einführung nimmt immer mehr zu. Trotz vieler Anhänger sind noch einige Eltern und Fachpersonen unsicher, ob Babys tatsächlich in der Lage sind, selbst zu entscheiden, was sie essen möchten und trotzdem alle nötigen Nährstoffe zu sich zu nehmen. Auch die Umstellung von Muttermilch auf feste Nahrung dauert viel länger, als es bei Brei der Fall ist. Hat das Konsequenzen für die Wachstum? Und was ist mit der Gefahr des Verschluckens? Wie können Babys Lebensmittel im Ganzen essen, wenn sie noch keine Zähne haben?
Um diese Unsicherheiten zu beseitigen, bringe ich hier ein paar wissenschaftliche Studie zum Thema BLW/Breifrei.
Das Wort “Baby-led Weaning” ist erst in 2008 bekannt geworden, als Gill Rapley und Tracey Murketts ihr BLW-Buch veröffentlichten. Das interessierte viele Wissenschaftler, die angefangen hatten, diese “neue” Beikost-Einführungs-Methode zu studieren.
Heute, 14 Jahren später, haben wir einige Studien, die diese Methode analysieren und andere, die die traditionellen Methoden mit BLW vergleichen.
Das sind die Bereiche, in welchen bis jetzt am meisten Studien durchgeführt wurden:
Hier ein paar interessante und gleichzeitig bedeutende Ergebnisse aus diesen Bereichen:
Amy Brown, Psychologin und Professorin für öffentliche Gesundheit in Politik und Sozialwissenschaften an der Universität Swansea im UK, hat 2015 einen Artikel veröffentlicht. In diesem Artikel[1] untersuchte sie die Unterschiede des Essverhaltens, des Wohlbefindens und der Persönlichkeit der Mamas, die ihr Baby mit Brei gefüttert haben und Mamas, die BLW gefolgt sind.
Die Ergebnisse zeigten, dass Mamas von Breifrei-Babys generell weniger ängstlich und entspannter beim Füttern waren. Sie hatten weniger Bedenken bezüglich des Gewichts des Kindes, stillten länger, übten weniger Kontrolle aus und drängen Kinder beispielsweise nicht dazu, aufzuessen.
Amy Brown betonte, dass dieses Verhalten allein (unabhängig von der Beikost-Einführungs-Methode) die Kinder positiv beeinflussen kann.
Je autonomer Babys und Kinder beim Essen sind, desto besser spüren und respektieren sie ihre Sättigungssignale. So sind die täglichen Ess-Erfahrungen angenehmer und die Auswahl von Lebensmittel, vielfältiger.
2021 wurde in der Queensland Children’s Medical Research Institute in Australien ein Überblick über die Vorteile und Risiken verschiedene Beikost-Methoden durchgeführt. In diesem Überblick wurde 29 Studien berücksichtigt.
Weniger Schwierigkeiten beim Essen
Mehr Genuss beim Essen
Eine geringere Reaktion auf das Essen: Nicht automatisch zu essen beginnen, nur weil Lebensmittel zur Verfügung stehen, sondern auf das Hungergefühl hören.
Eine höhere Sättigungsreaktion: Zu essen aufhören, wenn man satt ist.
Betont wurde auch, dass dieses Essverhalten auf ein geringeres Übergewichtsrisiko deuten. Die Beziehung zwischen BLW und Wachstum wird noch weiter untersucht, um spezifischerer Schlussfolgerungen zu entnehmen.
Vor einiger Zeit beriet ich eine sehr goldige Familie, die liebevoll BLW machten. Die Mama hat sich über das Thema informiert, gelesen und machte sogar bei einer BLW-Facebook-Gruppe mit, um sich auszutauschen.
Sie bekam viele Infos über Fingerfoods und Stillen, inklusive die Nachricht, dass Muttermilch für das ganze erstes Jahr das wichtigste Lebensmittel für die Babys ist. Das ist gut, denn das stimmt wirklich.
Aber: Diese Info, in Verbindung mit dem verbreiteten Satz “food under one ist just for fun” (Essen unter 1 Jahr ist nur zum Spaß da) kann zu einem allzu lockeren Umgang mit der Einführung von Beikost beitragen.
Genau das ist damals passiert und bei dem Mädchen (11 Monate alt) wurde Eisenmangel diagnostiziert. Eisenmangel ist einfach vorzubeugen, wenn auf ein häufiges Angebot eisenreicher Lebensmittel geachtet wird.
Wie man Babys ausgewogen bei BLW ernähren kann, können wir aus dem BLISS-Protokoll entnehmen.
BLISS (Baby-led Introduction to Solids) ist ein Forschungsprotokoll, das im Department of Human Nutrition, University of Otago in Neuseeland durchgeführt wurde. Es ist eine modifizierte und kontrollierte Version von BLW, um sowohl die Aufnahme von Nährstoffen als auch verschiedene Aspekte dieses Ansatzes genauer zu untersuchen.
Alle Teilnehmer haben die Standardbetreuung von Well Child (ein staatlich finanziertes Gesundheitsprogramm aus Neuseeland für Kinder unter 5 Jahren) bekommen.
Teilnehmer, die in die BLISS-Gruppe randomisiert wurden, erhielten außerdem genaue Aufklärungen für eine babygeleitete Einführung von Beikost durch eine erfahrene Stillberaterin und geschultes Forschungspersonal. Diese sind von einem multidisziplinären Team aus Ernährungsberater, Kinderärzte und Logopädinnen während des gesamten Studienzeitraums beaufsichtigt worden.
Lebensmittel anzubieten, die das Baby selbst mit den Händen nehmen und essen kann.
Zu jeder Mahlzeit soll ein eisenhaltiges Lebensmittel angeboten werden
Zu jeder Mahlzeit soll ein Lebensmittel mit hoher Energiedichte angeboten werden
Nur Lebensmittel anbieten, die dem Entwicklungsalter des Kindes entsprechend zubereitet sind, um ein Verschluckungs-Risiko zu verringern. Dazu wurde eine Liste zur Verfügung gestellt.
Es wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen (BLW und Brei) in Bezug auf Energieaufnahme, Wachstumsstörungen oder Eisenmangelanämie beobachtet.
Es wurden auch keine signifikanten Unterschiede in der Anzahl der Verschluckungsfällen beobachtet. Babys aus der BLISS-Gruppe zeigten im Alter von 6 Monaten häufiger Würgereflexe, aber im Alter von 8 Monaten eine geringere Häufigkeit davon.
Andere Forschungsergebnisse deuten auch darauf hin, dass BLW/Breifrei sicher ist, wenn er fachgerecht orientiert ist:
keine erhöhte Erstickungsgefahr,
Kein erhöhtes Risiko einer Wachstumsstörung,
Kein erhöhtes Risiko einer Anämie,
keine Änderung einer Fettleibigkeitsrisiko und
eine ähnliche Kalorien-/Energieaufnahme
Bis jetzt wurde also in den Bereichen, wo es am meisten Bedenken gibt (Erstickungsgefahr, Aufnahme von Nährstoffen, Eisenmangel und Wachstumsstörung) kein großer Unterschied zwischen BLW und der traditionellen Beikost-Methode festgestellt.
Kurzgefasst lässt sich sagen, dass BLW/Breifrei sinnvoll und sicher ist – wenn er fachgerecht orientiert ist.
Boswell (2021) Complementary Feeding Methods—A Review of the Benefits and Risks
Taylor et al (2017). Effect of a Baby-Led Approach to Complementary Feeding on Infant Growth and Overweight: A Randomized Clinical Trial.
Brown A. (2017). No difference in self-reported frequency of choking between infants introduced to solid foods using a baby-led weaning or traditional spoon-feeding approach.
Fangupo et al (2016) A Baby-Led Approach to Eating Solids and Risk of Choking.
Brown A. (2015) Differences in eaing behaviour, well being and personality bettwen mothers following baby-led vs.traditional weaning styles.
Daniels et al. (2015). Baby-Led Introduction to SolidS (BLISS) study: a randomised controlled trial of a baby-led approach to complementary feeding